Die drei Stände
Der König sah sich als «von Gottes Gnaden» eingesetzt. Seine Pflicht war es, das Gemeinwohl
seines Volkes zu gewährleisten, er musste aber nur vor Gott Rechenschaft ablegen. Die Zeit vor der Französischen Revolution nennt man heute «Ancien Régime», was soviel wie «frühere Regierungsform» bedeutet. Nicht nur in Frankreich sondern auch in anderen Staaten Europas waren Gesellschaft und Wirtschaft durch das mittelalterliche «Feudalsystem» geregelt: Bauern mussten für das Land, das sie bewirtschafteten der Kirche einen Teil ihrer Ernte (den so genannten «Zehnten») abgeben und Geldsteuern an die Landbesitzer zahlen. Sie mussten für ihre Herren auch «Frondienste» leisten, wie Jäten oder Pflügen von deren persönlichen Ländereien. |
Die Lebensbedingungen der Menschen waren daher sehr verschieden. Jeder Franzose
gehörte durch Geburt oder Beruf einem bestimmten Stand an und davon hingen seine
Rechte und Pflichten ab. Eine Gleichberechtigung bestand nicht, die Rechte und Pflichten
waren von Stand zu Stand verschieden. Diese Vorstellungen und Gesellschaftsform waren
für viele Zeitgenossen selbstverständlich, einige übten aber auch Kritik daran, weil sie es als
ungerecht empfanden.
Die nebenstehende Darstellung zeigt den Aufbau der
Gesellschaft Frankreichs um 1780 in «Zwiebelform».
Man kann erkennen, dass die «oberen» Stände einen
sehr kleinen, der Dritte Stand aber den grössten Teil
der Gesellschaft ausmachten.
Die drei Stände waren aber keineswegs gleichförmig.
Es bestanden auch innerhalb eines Standes grosse
Unterschiede. So gab es den hohen (z.B. Bischöfe) und
niedrigen Klerus (Pfarrer). Der «Hofadel» lebte am
Hof des Königs und führte einen üppigen und
verschwenderischen Lebensstil, während viele
Landadelige einen etwas bescheideneren Lebensstil
führten. Der Dritte Stand war auch äusserst
heterogen: Das waren Grossbürger, Handwerker,
Beamte – aber auch Bauern, Mägde und Landarbeiter,
deren Lebensbedingungen sich stark voneinander
unterschieden.
Die Zugehörigkeit der Gesellschaftsschicht war sehr wichtig, man versuchte sich durch den
Lebensstil nach «unten» abzugrenzen. Viele Grossbürger ahmten zum Beispiel den Lebensstil
der Adeligen nach, um sich von den «niedrigeren» Kleinbürgern abzuheben. Entscheidend
war, dass die Rechte und Pflichten der Menschen vom jeweiligen Stand abhing, dem sie
zugehörten.
Oftmals werden die drei Stände in Geschichtsbüchern als unveränderbare Gesellschafsform
dargestellt. Das stimmt so nicht ganz: Die Menschen konnten ihren Stand auch wechseln, ein
Adeliger konnte seinen Adelstitel verlieren, wenn er in Ungnade fiel, ein Bürger konnte zum
Adeligen aufsteigen, wenn er dem König gute Dienste leistete.
gehörte durch Geburt oder Beruf einem bestimmten Stand an und davon hingen seine
Rechte und Pflichten ab. Eine Gleichberechtigung bestand nicht, die Rechte und Pflichten
waren von Stand zu Stand verschieden. Diese Vorstellungen und Gesellschaftsform waren
für viele Zeitgenossen selbstverständlich, einige übten aber auch Kritik daran, weil sie es als
ungerecht empfanden.
Die nebenstehende Darstellung zeigt den Aufbau der
Gesellschaft Frankreichs um 1780 in «Zwiebelform».
Man kann erkennen, dass die «oberen» Stände einen
sehr kleinen, der Dritte Stand aber den grössten Teil
der Gesellschaft ausmachten.
Die drei Stände waren aber keineswegs gleichförmig.
Es bestanden auch innerhalb eines Standes grosse
Unterschiede. So gab es den hohen (z.B. Bischöfe) und
niedrigen Klerus (Pfarrer). Der «Hofadel» lebte am
Hof des Königs und führte einen üppigen und
verschwenderischen Lebensstil, während viele
Landadelige einen etwas bescheideneren Lebensstil
führten. Der Dritte Stand war auch äusserst
heterogen: Das waren Grossbürger, Handwerker,
Beamte – aber auch Bauern, Mägde und Landarbeiter,
deren Lebensbedingungen sich stark voneinander
unterschieden.
Die Zugehörigkeit der Gesellschaftsschicht war sehr wichtig, man versuchte sich durch den
Lebensstil nach «unten» abzugrenzen. Viele Grossbürger ahmten zum Beispiel den Lebensstil
der Adeligen nach, um sich von den «niedrigeren» Kleinbürgern abzuheben. Entscheidend
war, dass die Rechte und Pflichten der Menschen vom jeweiligen Stand abhing, dem sie
zugehörten.
Oftmals werden die drei Stände in Geschichtsbüchern als unveränderbare Gesellschafsform
dargestellt. Das stimmt so nicht ganz: Die Menschen konnten ihren Stand auch wechseln, ein
Adeliger konnte seinen Adelstitel verlieren, wenn er in Ungnade fiel, ein Bürger konnte zum
Adeligen aufsteigen, wenn er dem König gute Dienste leistete.
1. Stand
Geistliche der katholischen Kirche (etwa 120’000) Hohe Geistlichkeit Zusammensetzung: -Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte, Äbtissinnen, Domherren Wirtschaftliche Lage: Sehr gut Vorrechte: - Mieteinnahmen durch Grundbesitz - Die Zehnten aus der Landwirtschaft - Musste keine Steuern zahlen. Steuerliche Belastung: Freiwillige Spende, den «don gratuit» Niedere Geistlichkeit
Zusammensetzung: Pfarrer, Vikare, Mönche, Nonnen Wirtschaftliche Lage: Schlecht: In den Jahren vor der Revolution näherte sich die niedere Geistlichkeit immer mehr dem Dritten Stand. 1789 spielten einige ihrer Vertreter eine wichtige Rolle in der Revolution. Steuerliche Belastung: Keine |
2. Stand
Adel (etwa 350’000) Zusammensetzung: - Der Hofadel (mit seinen Angehörigen): Er lebte in der Umgebung des Königs und zählte ca. 20'000 Personen. - Der Amtsadel: Besetzte die hohen Stellen in der Verwaltung und in der Armee, ohne wirklich eine Verwaltungsarbeit auszuführen. Er zählte ca. 100'000 Personen. - Der begüterte Landadel: Er umfasste ebenfalls ca. 100'000 Personen. - Der verarmte Landadel lebte in einfachen Verhältnissen und stand in engem Kontakt mit den Bauern. Er zählte ca. 130'000 Personen. Wirtschaftliche Lage - Die adelige Lebensform bringt viele Angehörige des Zweiten Standes in schwere Schulden. - An Einkommen und Vermögen gemessen, bildet der Zweite Stand keine Einheit. - Es gibt Angehörige des Ersten und Dritten Standes, die ein ebenso hohes Einkommen erzielen wie Hochadelige. Einkommenshöhe und Ständezugehörigkeit stehen in keinem Zusammenhang. Vorrechte: Zahlreiche wirtschaftliche Vorrechte: - Jagd- und Fischereirecht - Mühlen- und Backofenrecht - Vorzugsstellen in der Verwaltung und in der Armee - Frei von Steuer- und Zollabgaben - Keine militärischen Einquartierungen - Das Recht zum Degentragen Steuerliche Belastung: Keine |
3. Stand
Städtische Bürger und Bauern auf dem Land (etwa 24,5 Mio.) Bürger (etwa 18%) Kleinbürger Zusammensetzung: - Lohnempfänger (50%): Dienstboten, Tagelöhnerinnen und Tagelöhner, Lastenträger, Strassen- und Gartenarbeiter, Bauarbeiter, Handwerker, Handlanger und Manufakturarbeiter - Selbstständige Handwerker und Ladenbesitzer mit ihren Familien (25%) Das Kleinbürgertum war keine einheitliche soziale Schicht, sondern setzte sich aus verschiedenen Gruppen zusammen. Wirtschaftliche Lage: - Lohnempfänger: Sehr schlecht - Selbstständige Handwerker: Besser Steuerliche Belastung: Sie wurde immer grösser. Wohlhabendes Bürgertum
Zusammensetzung: - Grossbürger: Bankiers, Steuerpächter, Grosskaufleute, Unternehmer und hohe Beamte und Rentner. Sie waren wirtschaftlich einflussreich, doch politisch hatten sie nichts zu sagen. - Die «freien Berufe»: Juristen, Ärzte, Journalisten, Apotheker und Lehrer. Sie waren wirtschaftlich nicht einflussreich. Insgesamt zählte 25% der Stadtbevölkerung zum Bürgertum. Wirtschaftliche Lage: Auch das wohlhabende Bürgertum wies grosse Einkommens- und Eigentumsunterschiede auf. Steuerliche Belastung: Sie wurde immer grösser. Bauern
(etwa 82%) Zusammensetzung: - Grundbesitzende Bauern: Sie besassen rund die Hälfte des Bodens und spielten in den Dörfern eine führende Rolle. - Die Halbpächter und Pächter: Sie besassen häufig ein kleines Stück Land und pachteten weiteres Land dazu. - Die Tagelöhnerinnen und Tagelöhner besassen weder eigenen Boden noch Pachtland. Ihre Zahl nahm zwischen 1700 und 1800 stark zu. Wirtschaftliche Lage: Sehr schlecht: In den letzten Jahren vor der Revolution verschlechterte sich deren Lage sogar noch. Die Bauern stellten keine einheitliche soziale Schicht dar, sondern sie wiesen ebenfalls grosse Einkommens- und Eigentumsunterschiede auf. Steuerliche Belastung und andere Abgaben: - Königliche Abgaben: Taille (Einkommenssteuer), Kopfsteuer, Zwanzigster, Frondienst für den Wegbau, Militärtransporte, Milizdienste, Salzsteuern (gabelle) - Abgaben an die Kirche: Der grosse und der kleine Zehnte - Die Abgaben an die Grundherren: Gerichtsbarkeiten, Jagd- und Fischereirechte, Brücken- und Weggelder; Marktsteuern, Frondienste, Mühlen-, Backofen- und Kelterrechte, Grundzinsen usw. |